Donnerstag, 7. Februar 2013

Desidentifikation von Bewertungen

Mit unseren Werturteilen sind wir in der Regel stark identifiziert. Wir regen uns über etwas auf und haben das starke Gefühl: Wer sich da aufregt, das bin auf jeden Fall ich. Das sind meine ursprünglichen Überzeugen und Meinungen über mich und die Welt. Wenn etwas als "Ich" bezeichnet werden kann, dann meine Urteile über die Welt. Die sind mir heilig!

Werturteile lassen uns oft leiden. Da gibt es z.B. denjenigen, der ständig über seine Kräfte arbeitet und trotzdem noch den inneren Bewerter spürt, der sagt: "Du bist nicht gut genug, streng noch mehr an." Oder die ganzen Formen von Selbstablehnung oder gar Selbsthass, weil man sich nicht so sein lassen kann, wie man ist. Weil man sich in seiner Soheit nicht anzunehmen vermag. Nicht immer, aber immer wieder.

Weil wir unsere Werturteile als so selbstverständlich zu uns gehörig empfinden, können sie sehr lange unreflektiert überleben und uns das Leben schwer machen.

Reine Achtsamkeit ist mit nichts identifiziert. Reine Achtsamkeit nimmt nur wahr, was ist. Und so kann diese auch unsere Werturteile erkennen. Für die Achtsamkeit heißt es nicht: "Das mag ich nicht." sondern einfach nur "Da taucht in mir ein ablehnendes Gefühl auf." Das schafft Distanz. Distanz die es braucht, um sich von etwas zu desidentifizieren.

Desidentifikation von seinen Bewertungen schafft die große Chance, sich von vielen Werturteilen über sich und die Welt zu lösen. Im Zuge einer Selbstaktualisierung. Wenn man nämlich nun beginnt, über seine bewusst wahrgenommen Werturteile zu reflektieren, kann man sich von überholten Werturteilen lösen.

Geht es nur um eine Ersetzung alter Werturteile durch Neue? Es gibt viele Indizien dafür, dass Werturteile zu Problemen führen und wir gar nicht von diesen profitieren. Man findet diese Erkenntnis in vielen psychotherapeutischen Schulen und auch in spirituellen Wegen. Gerade im Buddhismus, in dem die Achtsamkeit ein zentrales Element ist, geht es oft darum, Werturteile aufzulösen. Denn Werturteile spalten die Welt, im Buddhismus geht es aber darum, das EINE zu erkennen.

Es kann ein interessantes Experiment sein, im Alltag seine Werturteile zu hinterfragen. Sind sie überhaupt nötig? Wozu nützen sie mir? Man wird sicherlich vieles finden, was gar nicht nötig ist und zu nichts führt.

Das Urteil verhindert ganz oft, dass wir tiefer erkennen können, was wirklich ist. Jetzt im Moment.  

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