Mittwoch, 30. Januar 2013

Innehalten, nicht handeln!

Vieles läuft in unserer Psyche automatisch ab, in Form von Mustern. Das Meiste davon ist uns gar nicht bewusst. Wir verhalten uns auf bestimmte Weise und verstehen das als Teil unserer Persönlichkeit. Da steigt z.B. Wut über etwas in uns auf und unsere Stimme wird lauter, wir beschweren uns usw. Es ist wie eine Kette von Reaktionen, die da abläuft. Das eine ergibt das nächste. Und der Ablauf dieser Kette ist in unserer Persönlichkeit verankert.

Könnten wir auch anders? Wäre es nicht gut, wenn wir manchmal anders könnten? Ich glaube, jeder ärgert sich auch immer mal wieder über eigene Verhaltensweisen, weil sie nicht sehr zweckmäßig oder sinnvoll sind. Aber es ist so schwer, sich davon zu verabschieden und anders zu agieren.

Anders mit aufsteigenden Gefühlen umzugehen, braucht vor allem Innehalten. Innehalten ist eine Spielart der Achtsamkeit. Wir unterbrechen den Automatismus und lauschen einen Moment, was gerade da ist. Wir agieren sozusagen Gefühle nicht sofort aus, sondern betrachten erstmal den Moment.

Diese Betrachtung ist ein Bewusstmachen. Ich werde mir darüber bewusst, wie es mir gerade geht, welche Impulse in mir aufsteigen. Die einzige Chance, aus Automatismen auszusteigen, ist das Erkennen im Augenblick. Erst über diese Reflexion bekomme ich die Möglichkeit, mich auch anders zu entscheiden. Ich bekomme eine Wahlmöglichkeit. Möchte ich nun dem natürlichen Impuls folgen und die Kette des Automatismus laufen lassen? Oder möchte ich mal etwas anders machen?

Nicht immer sind wir in der Lage, es wirklich auch anders zu machen. Der Druck oder Drang ist zu stark, es genau so zu machen, wie man es immer macht. Aber das Problem ist nun auf bewusster Ebene. Man kann sich nachträglich nochmal Gedanken darüber machen, welche Alternativen es gäbe, zukünftig zu agieren. Und ist man beim nächsten mal wieder achtsam und hält inne, kann man es nun ausprobieren - das neue Verhalten, den neuen Umgang mit einer Situation.

Innehalten hat etwas damit zu tun, mal genauer hinzuschauen. Genaueres Hinschauen führt zu Erkenntnissen, denn man sieht nun genauer, wie etwas zusammenhängt. Gefühle, Erinnerungen, Gedanken und Meinungen, alles kann durch Innehalten erspürt und bewusst erfahren werden. Auch das Umfeld kann genauer beobachtet werden. Das ist wichtiger Input, um seine Muster zu erkennen. Und das ist die Basis für eine Veränderung.

Müssen wir überhaupt was verändern? Ich glaube, Leben ist ein fortwährender Prozess der Veränderung. Wir können niemals fertig sein, weil alles im Fluß und in Bewegung ist. Wir müssen uns immer wieder anpassen an das, was ist. Und so müssen wir auch immer wieder reflektieren, was wir tun und wie wir es tun. Um dann unser Herz und unsere Intelligenz zu befragen, ob das so sinnvoll ist. Oder ob es einer Anpassung bedarf. Weil wir geschickter und besser mit etwas umgehen wollen.

Dienstag, 29. Januar 2013

Wahrnehmen, was ist

Wahrnehmung zieht ganz schnell Gedankenaktivität nach sich. Ebenso werden Gefühle ausgelöst. Und Erinnerungen kommen hoch. Man könnte auch sagen, Wahrgenommenes aktiviert Muster in uns. Der Geist vergleicht das Wahrgenommene blitzschnell mit dem, was er schon kennt. Und das Bekannte wird dann präsent, tritt in den Vordergrund und hilft uns, die Situation zu verstehen oder zu handhaben.

Ein typisches Beispiel sind Vorurteile. Man sieht einen Menschen und blitzschnell hat man ihn einsortiert. Anhand bestimmter Merkmale vermutet man, es wäre ein Mensch dieses Musters, was man dafür abrufbar hat.

In der gleichen Art können wir einen Tisch sehr schnell als Tisch erkennen, weil wir schon viele Tische gesehen haben und dieses Etwas, was wir gerade betrachten, dem sehr ähnlich sieht.

Wie schwer man sich manchmal aus Mustern lösen kann, erkennt man bei Vexierbildern. Also Bilder, in denen man mehrere Dinge sehen kann, je nachdem auf welches Muster man sich gerade eingeschossen hat. Es ist nicht einfach, von diesem Muster loszulassen und das andere Muster zu erkennen.

Egal, was wir wahrnehmen, der Geist ist immer schnell dabei, auf ein bekanntes Muster zu kanalisieren. Das ist ein großes Problem, weil wir so nie das sehen, was wirklich ist. Aber genau dieses Sehen was ist kann so wertvoll sein. Wenn wir Bewertungen, Vorurteile, Meinungen und emotionale Reaktionen aus Vergangenem erstmal beiseite lassen können, um wach wahrzunehmen, was wirklich jetzt im Moment wahrgenommen werden kann.

Wer das nie tut, würde nie etwas neues erleben. Man hätte seine zehntausend Vorstellungsmuster und würde alles, was man erlebt in eines dieser Muster packen. Damit wird man aber blind für das, was wirklich ist. Denn in Wirklichkeit wiederholt sich nichts. Dinge sind sich zwar ähnlich, aber doch auch wieder anders.

In vielen Alltagssituationen reicht es sicherlich, die Ähnlichkeit zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. Oft genug funktioniert diese Strategie und man kann dankbar sein, ein Wesen zu sein, was blitzschnell Muster erkennen kann.

Andererseits geht viel verloren, wenn man nicht mehr wirklich wahrnimmt, was ist.  Wir aktualisieren unsere Erfahrung nicht mehr. Wir verfeinern unser Vorstellungsmuster nicht mehr. Unser Geist durchläuft sozusagen immer wieder alte Denkmuster, die sich immer mehr verfestigen und wird so immer starrer. Er kann Neues nicht mehr erkennen und versucht es, durch die Brille alter Muster zu interpretieren. Ein Geist jedoch, der gute Fähigkeiten hat, sich immer wieder anzupassen und sich auszudifferenzieren, ist ein wirklich lebendiger Geist. Er aktualisiert sich immer wieder und ist somit dicht dran, an der Realität. Solch ein Geist versteht besser, was ist und kann sich so adäquater verhalten.

Zu erkennen, was wirklich ist, bringt auch etwas Frisches in unser Leben. Alt gewohnte Muster werden langweilig. Wer sich daraus nicht lösen kann, hat bald das Gefühl, das Leben vollständig zu kennen und wird so vom Leben gelangweilt. Der Zauber des Lebens offenbart sich aber nur in wachen Momenten, wo man mit dem Hier und Jetzt im Kontakt ist.

Samstag, 26. Januar 2013

Was ist eigentlich Achtsamkeit?

Achtsamkeit beinhaltet mehrere Aspekte. Im normalen Sprachgebrauch wird es gerne mal als Vorwurf gebraucht: "Sei doch achtsamer!" Man hat irgendwas verkehrt gemacht, weil man nicht richtig bei der Sache war. Und nun wird man ermahnt, sich mehr Mühe zu geben, um eine Sache besser zu machen.

Schade, das Achtsamkeit über diesen Gebrauch emotional mit unangenehmen Gefühlen verknüpft wird. Denn Achtsamkeit ist für mich etwas, mit dem ich mich positiv verbunden fühle. Etwas, was mir wichtig geworden ist und dem ich gerne folge. Und nicht etwas, was andere von mir einfordern und dem ich widerwillig folgen muss.

Achtsamkeit ist eine Form von Wachheit. Klar im Hier und Jetzt zu sein. Sensitiv für das, was gerade ist. Wenn man wach ist, kann man gut wahrnehmen, was gerade passiert. Im Grunde ist das die Grundlage für eine gute Kommunikation. Wenn man sich in Kommunikation begegnen will, dann muss ja da sein, an dem Ort, wo gerade die Kommunikation geschieht. Bin ich in Gedanken irgendwo, ist meine Aufmerksamkeit nicht hier.

Achtsamkeit ist aber noch mehr, als nur Aufmerksamkeit und das Sein im Hier und Jetzt. Achtsamkeit beinhaltet auch den Aspekt, allem eine Achtung bzw. Wertschätzung entgegenzubringen. Dafür braucht es offene Sinne und ein offenes Herz. Dann berührt mich die Welt und was mich berührt, das kann ich auch wertschätzen. Bin ich hingegen zu und dicht oder in Gedanken ganz woanders, dann kann ich nicht berührt werden. Und ohne einen echten Gefühlskontakt mit meiner Umwelt, spüre ich auch nicht das, was mich damit verbindet und ich kann den Wert darin nicht erkennen. Ich sehe nicht das Schöne, Wahre und Gute.

Viel Elend auf der Welt ist erst dadurch möglich, dass es an Achtsamkeit fehlt. Was man nicht achtsam wahrnimmt, wird einem egal. Was einem egal ist, darum kümmert man sich nicht. Oder man fügt anderen etwas zu, weil man das Leid selber nicht spüren kann. Egal ist ein Nicht-Verbunden-Sein, ein Nicht-Spüren.

Von daher ist Achtsamkeit etwas sehr Universelles, etwas, was dem Leben ganz allgemein sehr zuträglich ist: Ich werde besser mit mir umgehen, besser mit meinem Umfeld, besser mit der Umwelt, kurzum ich werde besser mit allem umgehen, was in mein Leben tritt.